«Keine Regel ohne Ausnahme» - das gilt auch bei Bewerbungsdossiers

Nach 14 Jahren in der Rekrutierung mit ge­fühlten 30'000 gesichteten Bewerbungs­dossiers und 5000 Bewerbungsgesprä­chen, kann ich die Redewendung «Keine Regel ohne Ausnahme» gerne bestätigen. Kandidatinnen und Kandidaten, welche ihre Dossiers nach Vorlage oder einschlä­gigen Empfehlungen erstellen, werden nicht automatisch zu den Gewinnern er­koren.

Letzthin organisierten wir mit Swiss Engi­neering STV eine Weiterbildung zum The­ma «berufliche Standortbestimmung» und konnten dafür einen hochkarätigen Refe­renten von der Hochschule Luzern HSLU gewinnen.

Die jungen Ingenieurinnen und Architektin­nen lernten in diesem Seminar, neben der strukturierten und systematischen Vorge­hensweise der eigenen Karriereplanung, wie man ein Motivationsschreiben richtig aufsetzt und wie man den Lebenslauf ge­stalten sollte.
Und genau hier kann man mit dem weitum­spannenden Sprichwort «Keine Regel ohne Ausnahme» einhaken. In Kursen, in der Literatur und natürlich auch im Internet finden Sie unzählige Regeln, worauf man bei einem Motiva­tionsschreiben und beim Verfassen des Lebenslaufs achten muss.

Aber, und das wäre die erste Ausnahme von der Regel: Man könnte fast schon sa­lopp sagen, dass der Inhalt des Motiva­tionsschreibens bzw. die Gestaltung des Lebenslaufs entsprechend dem Ge­schmack des Empfängers oder der Emp­fängerin sehr unterschiedlich interpretiert wird. Bei mir persönlich spielt das Motiva­tionsschreiben im ersten Moment eine un­tergeordnete Rolle. Auch die Form bzw. Darstellung des Lebenslaufs nehme ich weniger in den Fokus.

Meine empfohlene Regel bezieht sich mehr auf das Handling des gesamten Be­werbungsdossiers, und ich persönlich schätze Einfachheit, Übersichtlichkeit und Vollständigkeit vor übertriebener Kreativi­tät und geschultem Vorgehen.

Ich finde es wichtig, dass ich als Empfän­ger die Unterlagen in einem Mail zusam­mengefasst und in einer vernünftigen Da­tenmenge (max. 5 MB je Datei) erhalte. Ideal ist, wenn das Motivationsschreiben, der Le­benslauf und die weiteren Dokumente in drei getrennten Dateien zugestellt werden. Zip Dateien finde ich umständlich und ver­linkte Dateien und Verweise auf Linkedln oder andere Plattformen interpretiere ich eher als Bequemlichkeit des Bewerbers als nutzbringend für den Empfänger. Da setze ich bei der Beurteilung inhaltlich gleichwertiger Bewerbungsdossiers einen Minuspunkt.

Regel bei attraktiven Stellen:
Bei Positio­nen, welche viele Bewerbungen auslösen, achte ich auf das «Gesamtpaket», und dazu gehört ein von mir initiiertes telefoni­sches Vorgespräch, mit welchem weitere Eindrücke gesammelt und bewertet wer­den, und man durchaus bereits erste Ab­klärungen über Gehalt, Verfügbarkeit und Flexibilität erfasst. Professionalität in den Unterlagen wird subjektiv mitbeurteilt, ist aber nicht ausschlaggebend.

Ausnahme von der Regel:
Wenn wenige Bewerbungen vorliegen, kehrt sich der Spiess im ersten Moment um, und ich muss mich um die Bewerberinnen und Be­werber bemühen. Die Form der eingefor­derten Unterlagen spielen da im ersten Moment eine untergeordnete Rolle. Wenn es dann jedoch in die nächste Runde ge­hen sollte, kommt wieder die Regel der vollständigen, sauberen Unterlagen zum Zuge.
Man kann es drehen und wenden, wie man will. Ein Bewerbungsdossier darf oder muss einerseits eine persönliche Note haben, sollte aber auch nicht zu fest von der Regel abweichen!

Oder sind Sie anderer Meinung? Wir freuen uns darauf, Ihre Regeln kennenzulernen!