Der Wert der Arbeitszeugnisse
Der Wert der Arbeitszeugnisse - Ein Guide für Unternehmen
Arbeitszeugnisse sind mehr als nur formelle Abschlussdokumente: Sie sind Schlüssel zu den beruflichen Leistungen und der Persönlichkeit eines Menschen.
In unserem heutigen Newsletter wollen wir die Kunst der Arbeitszeugnisinterpretation beleuchten und Ihnen einen Leitfaden für Unternehmen bieten, um diese Fähigkeit als entscheidenden Wettbewerbsvorteil zu nutzen.
Der Wert des Arbeitszeugnisses in der Personalbewertung
In der HR-Szene gibt es kein klares Bekenntnis für oder gegen Arbeitszeugnisse. Immer wieder kommen Diskussionen über den Wert der Schreiben auf. Doch sind sie wirklich überholt?
Sicherlich sollte man die Bedeutung von Arbeitszeugnissen nicht überbewerten, sondern sie als einen Baustein bei der Entscheidungsfindung im Bewerbungsverfahren verstehen.
Obwohl sie nicht das wichtigste Kriterium für die Beurteilung von Bewerberinnen und Bewerbern sind, bieten sie dennoch einen starken Beitrag, ein abgerundetes Bild über Kandidat:innen zu erhalten. Die Formulierung der Qualifikationen kann diskutabel sein, aber der Gesamteindruck vermittelt in der Regel einen ersten realistischen Eindruck.
Das Arbeitszeugnis enthält nicht nur Qualifikationen, sondern auch eine Zusammenfassung der während der Anstellung wahrgenommenen Aufgaben und Beschäftigungen. Dadurch ermöglicht es eine leichtere Überprüfung des Wahrheitsgehalts des Lebenslaufs. Zudem decken Arbeitszeugnisse Lücken ab oder Übertreibungen auf und klären Unklarheiten. Somit tragen Arbeitszeugnisse dazu bei, das Gesamtbild von Bewerberinnen und Bewerbern zu vervollständigen.
Zusätzlich gibt das Arbeitszeugnis Informationen über den genauen Zeitraum, das Pensum und die Rolle, die der Mitarbeitende in der vorherigen Firma hatte. Dies hilft, Diskrepanzen im Lebenslauf zu erkennen, welche die Kandidat:innen möglicherweise verschleiern möchten.
Schliesslich gibt das Arbeitszeugnis Auskunft darüber, wer die Kündigung initiiert hat. Dies mag nicht immer entscheidend sein, aber bei Bewerber:innen mit vielen Jobwechseln, die nie selbst gekündigt haben, ist dies eine relevante Information.
In Kombination mit dem Lebenslauf, Referenzen und vorhandenen Zertifikaten bleibt das Arbeitszeugnis ein wichtiges Instrument für eine erste Beurteilung von Kandidatinnen und Kandidaten.
Arbeitszeugnisse - Struktur, Interpretation und Umgang
Das Arbeitszeugnis ist ein wichtiges Dokument, das Arbeitgeber:innen ihren Mitarbeitenden ausstellen. Es enthält grundlegende Informationen wie Arbeitsbestätigung, Haupttätigkeiten, Leistungs- und Verhaltensbewertung sowie den Grund der Ausstellung. Die übliche Länge beträgt ein bis zwei Seiten, und die Struktur umfasst Einleitung, Tätigkeitsbeschreibung und Bewertungen, gefolgt von einem Schlussteil mit dem Ausstellungsgrund und den Unterschriften.
Es gibt zwei Arten von Arbeitszeugnissen: Vollzeugnisse, die alle Informationen enthalten, und Teilzeugnisse oder reine Arbeitsbestätigungen, die sich auf grundlegende Angaben beschränken.
Die gesetzliche Grundlage für Arbeitszeugnisse basiert auf Artikel 330a im OR, und Arbeitnehmer haben das Recht, unter bestimmten Bedingungen ein Arbeitszeugnis zu verlangen. Dies ist besonders ratsam bei Vorgesetztenwechsel, Beförderung, internem Stellenwechsel oder der Übernahme neuer Aufgaben. Aus Dokumentationsgründen ist es für Mitarbeitende in der Regel empfehlenswert, alle drei bis fünf Jahre ein Arbeitszeugnis anzufordern, vor allem aber bei Kündigung bzw. Verlassen des Unternehmens.
Arbeitszeugnisse dienen primär als Leistungsnachweis für zukünftige Bewerbungen. Die Relevanz von Arbeitszeugnissen als Auswahlkriterium nimmt jedoch ab, da sie oft missverständlich sein können und Unternehmen zunehmend andere Aspekte wie den Lebenslauf und die Motivation im Anschreiben priorisieren.
Die Leistungs- und Verhaltensbeurteilung im Arbeitszeugnis erfolgt anhand eines strukturierten Bewertungsbogens mit numerischer Skala. Schlüsselwörter in den Formulierungen geben Hinweise auf die Bewertung, wobei die Interpretation subjektiv ist und von Unternehmen zu Unternehmen variiert.
Nun möchten wir gemeinsam mit Ihnen einen Blick auf die Details von Arbeitszeugnissen werfen. Im Folgenden geben wir Ihnen hilfreiche Hinweise, die Ihnen beim Lesen und der Interpretation von Arbeitszeugnissen helfen können.
Die Sprache der Codes:
Arbeitszeugnisse bedienen sich oft standardisierter Phrasen, die auf den ersten Blick unscheinbar wirken können. Daher ist es entscheidend, diese Codes zu entschlüsseln, um eine genaue Leistungsbeurteilung vornehmen zu können. Die richtige Interpretation dieser verborgenen Signale ermöglicht es Unternehmen, nicht nur die Fähigkeiten, sondern auch die Soft Skills eines Mitarbeiters richtig einzuschätzen.
Hier sind einige Formulierungen und Schlüsselwörter und die dazugehörige Leistungsbewertung:
- Bewertung: schlecht bzw. mangelhaft - bemühte sich / ohne grosse Probleme / im Allgemeinen / unter Anleitung / in Summe / im Grossen und Ganzen / nach Eingewöhnung
- Bewertung: durchschnittlich - erwartungsgemäss / zufriedenstellend / vereinbarungskonform / erreichte die Ziele / ausreichend / tadellos / problemlos
- Bewertung: gut - gut / gewinnbringend / vorbildlich / korrekt / zuvorkommend / gewissenhaft / selbstständig / eigenverantwortlich / rasche Auffassungsgabe / konstruktiv / geschätzt / wertvoll / freundlich / loyal / kundenorientiert / effizient
- Bewertung: sehr gut - stets / vollen / vollsten / jederzeit / sehr / äusserst / hervorragend / überdurchschnittlich / ausserordentlich
Klare Struktur, versteckte Botschaften:
Ein flüchtiger Blick auf ein Arbeitszeugnis reicht selten aus. Oft sprechen diese Dokumente zwischen den Zeilen. Das Verstehen von subtilen Nuancen und versteckten Botschaften ist entscheidend. Sie sollten daher nicht nur die klare Struktur des Zeugnisses beachten, sondern auch auf Zwischentöne achten, um ein umfassendes Bild der oder des Mitarbeitenden zu erhalten.
Quantifizierung von Erfolgen:
Zahlen sprechen lauter als Worte, und das gilt auch für Arbeitszeugnisse. Achten Sie darauf, wie konkret und messbar die Erfolge eines Bewerbers oder einer Bewerberin dargestellt werden. Quantifizierte Leistungsindikatoren bieten eine objektive Grundlage für die Bewertung und ermöglichen es Ihnen, den tatsächlichen Beitrag der oder des Mitarbeitenden zum Erfolg des Teams oder des Projekts zu verstehen.
Kontext verstehen:
Arbeitszeugnisse müssen im Kontext betrachtet werden. Jede Arbeitsumgebung hat ihre spezifischen Anforderungen und Werte. Um die Relevanz von Leistungen richtig einzuschätzen, ist es wichtig, den Kontext zu verstehen. Bewerber:innen in einer stressigen Umgebung können hervorragende Arbeit geleistet haben und sich in einem anderen Umfeld möglicherweise anders positionieren.
Lücken hinterfragen:
Ungewöhnlich lange Abschnitte oder unklare Formulierungen sollten Sie aufhorchen lassen. Lücken im Zeugnis könnten bewusst platziert sein und auf verschwiegene Informationen hinweisen. Es ist entscheidend, solche Unklarheiten gezielt nachzufragen, um sicherzustellen, dass keine relevanten Details übersehen werden.
Die korrekte Interpretation von Arbeitszeugnissen ist keine Kunst, sondern eine Notwendigkeit. Unternehmen, die diese Fähigkeit beherrschen, können nicht nur fundierte Personalentscheidungen treffen, sondern auch das volle Potenzial ihrer Mitarbeitenden ausschöpfen. Der Wert der Arbeitszeugnisse liegt nicht nur in der formellen Dokumentation, sondern in der tieferen Einsicht in die Fähigkeiten und den Beitrag jedes und jeder Einzelnen.
Sie möchten mehr über die Interpretation von Arbeitszeugnissen erfahren? Wir beraten Sie gern!
Mit freundlichen Grüssen,
Ihr e-selection-Team
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